Trümmerliteratur (1945-1950)

Rainer Sturm / pixelio.de
Rainer Sturm / pixelio.de

Geschichte: Der Zweite Weltkrieg endete am 8. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation. Deutschland war durch die Bombenangriffe der Alliierten zerstört. Die heimkehrenden Sol-daten waren traumatisiert, das Selbstvertrauen des Volkes war zunichte. Auf der Potsdamer Konferenz im August 1945 be-schlossen die Siegermächte Deutschland und Berlin in vier Besatzungszonen aufzuteilen (sowjetische, englische, amerika-nische,  französische) sowie die Entwaffnung, Entnazifizierung und Demokratisierung. Am 7. Sept. 1949 wurde die Bundesre-publik Deutschland (BRD) gegründet und am 7. Oktober die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) verkündet. Damit wurde Deutschland politisch geteilt. Auch die Nachkriegsliteratur war gespalten. Ein Teil der Schriftsteller wollte die NS-Diktatur verarbeiten,  ein anderer Teil sie verdrängen. Zwischen Innerer Emigration und Exilliteratur  bestand also eine Kontroverse. Nach der Teilung fanden die Exilautoren in der DDR eine interessierte Öffentlichkeit. In den westlichen Besatzungszonen war Ver-gangenheitsbewältigung nicht sehr erwünscht und wurde die Kriegsvergangenheit verdrängt.

 

Themen: Die Nachkriegsliteratur beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Schicksal der Kriegsheimkeh-rer, die vor den Trümmern ihrer Existenz und Wertvorstellungen standen. Weitere Themen waren Verlust des Krieges, Kriegsverletzungen und Probleme nach dem Krieg, wie z.B. Nahrungsknappheit, Ruinen, Flüchtlingslager, isolierte und herumirrende Menschen, Schuld/Kollektivschuld und Holocaust. Die Trümmerliteratur übte zudem Kritik an der politischen und gesellschaftlichen Restauration Deutschlands.

 

Literatur: Lyrik war die wichtigste Gattung. Viele Autoren fanden, dass Prosa wegen der nationalisti-schen Sprache verunglimpft und unglaubwürdig war. Durch einen Sprachreinigungsprozess sollte sie neu aufgebaut werden. In der Lyrik sahen sie die besten Möglichkeiten, Empfindungen und Erfahrungen auszudrücken. Die Sprache war lakonisch und nicht bewertend. Die neue Literatur sollte realistisch, un-psychologisch, wahrhaftig sein und das Geschehene und Existierende genau erfassen. Ein weiteres wichtiges Stilmittel war die Wiederholung. Trotzdem benutzte man auch ältere Formen, z.B. aus dem Barock, der Romantik, dem Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit.

Die wichtigste Prosaform war die Kurzgeschichte, nach dem Vorbild der amerikanischen short story. Sie war meistens nicht länger als 5 DIN-A4-Seiten, beschrieb einen Handlungsausschnitt eines wichtigen Lebensabschnitts. Sie hatte keine Einleitung (in medias res), ein offenes Ende und die wenigen Figuren zeigten keine Entwicklung.

Das Drama entwickelte sich, je nach Besatzungszone, unterschiedlich. Im Osten wurden Dramen von Exilautoren gezeigt, während im Westen Lessings "Nathan der Weise" und Goethes "Iphigenie" aufge-führt wurden. Es gab nur wenig Theaterstücke, die für ein großes Publikum interessant waren. Ein sehr bekanntes Theaterstück war "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert und behandelt das Schicksal eines Kriegsheimkehrers.

Bertolt Brecht, der Erfinder des epischen Theaters, durfte nicht nach Westdeutschland einreisen und siedelte 1949 nach Ostberlin über. Dort gründete er mit seiner Frau Helene Weigel das Berliner Ensem-ble (BE). 1928 wurde hier "Die Dreigroschenoper" uraufgeführt. Damit wurde er über Nacht berühmt. 

Das BE ist heute noch eine der bekanntesten Bühnen Berlins.

 

Wichtige Autoren sind u.a.: Wolfgang Borchert  mit"Draußen vor der Tür", "Das Brot", "Die Küchenuhr", "Nachts schlafen die Ratten doch", "Die Kirschen", "Die drei dunklen Könige". Paul Celan mit "Der Sand aus den Urnen", "Die Todesfuge"; Wolfgang Koeppen mit "Tauben im Gras", Günter Eich mit "Inventur" und Erich Kästner mit div. Texte für "Die Schaubude".

 

Schlagwörter: Verdrängung vs Verarbeitung, Sprache, Prosa, Kurzgeschichte.  


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